HoloMed – Präzise punktieren bei Gehirnoperationen
Gehirnoperationen nach einer Hirnblutung oder einem Schlaganfall gehören zu den anspruchsvollsten und schwierigsten Aufgaben in der modernen Medizin. Vom neurochirurgischen Personal wird präzises handwerkliches Geschick verlangt, jede Minute zählt. Mit HoloMed haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Institut für Anthropomatik und Robotik des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) ein preisgekröntes System entwickelt, das Mediziner bei Operationen am Gehirn mit Künstlicher Intelligenz unterstützen soll.
Kleine Hohlräume, sogenannte Ventrikel, liegen verborgen im Inneren unseres Gehirns. Sie sind mit Hirnwasser gefüllt und sorgen für einen konstanten Druckausgleich. Bei Schädigungen des Gehirns kann es zu einem Überdruck in einem der Ventrikel kommen – der Druckausgleich funktioniert dann nicht mehr. Neurochirurginnen und -chirurgen müssen es dann in kürzester Zeit schaffen, Hirnwasser aus dem beschädigten Ventrikel abzulassen.
Hohe Fehlerquote bei Punktionen am Gehirn
Die Operation, die sie dabei durchführen, nennt man Ventrikelpunktion. Dabei wird ein winziges Loch in die Schädeldecke gebohrt. Anschließend führt das OP-Team einen Katheter in die entsprechende Hirnkammer ein. Mit diesem versucht man, den Druck im Inneren des Gehirns so schnell wie möglich zu verringern und angesammelte Flüssigkeit zu entfernen. Bisher müssen die Mediziner mit bloßen Fingern die richtige Bohrstelle ertasten. Die Fehlerquote ist dabei hoch: Die optimale Lage des Katheders wird nur in zwei von drei Fällen erreicht – und das manchmal erst nach vielen Fehlversuchen.
Um die Trefferquote auf Anhieb zu erhöhen, soll das OP-Personal künftig auf die Unterstützung von Künstlicher Intelligenz zählen können. Im Projekt HoloMed, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird, entwickeln die Projektpartner um das Institut für Anthropomatik und Robotik am KIT die Software für eine Augmented Reality-Brille. Sie zeigt Chirurginnen und Chirurgen den Weg zu den verborgenen Hirnkammern auf.
Künstliche Intelligenz weist dem OP-Team den Weg
HoloMed fertigt dabei aus computertomografischen Aufnahmen des Patienten ein 3D-Modell des Gehirns. Für das Auge nicht sichtbare Strukturen tief im Inneren des Gehirns werden so für die behandelnden Ärztinnen und Ärzte aufbereitet. Eine Augmented Reality-Brille unterstützt sie bei der Bestimmung des Einstichpunkts und -winkels der Punktionsnadel. Durch Einblendung der operationsrelevanten Informationen in das Sichtfeld des Ärzteteams können Chirurginnen und Chirurgen ortsgenau bestimmen, wie die Nadel optimal geführt werden muss.
„Die HoloMed-Brille ist eine flexible, mobile und kostengünstige Lösung, mit der wir die Qualität solcher Eingriffe deutlich erhöhen können“, erklärt der Ulmer Neurochirurg Michael Hlaváč. Und mehr noch: „Die Technik ist auf viele weitere Operationen übertragbar“. Zudem wäre ein Einsatz in der medizinischen Ausbildung denkbar. So könnten Assistenzärztinnen und -ärzte künftig erst virtuell das Leben retten lernen, bevor sie sich an echte Operationen wagen. HoloMed wurde mit dem 20.000 Euro dotierten Innovationspreis NEO2019 ausgezeichnet.
Fakten zur Anwendung
Mensch-Maschine-Interaktion und Assistenzsysteme
Virtuelle und erweiterte Realität
- Intelligente Assistenzsysteme
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