Lernende Systeme: Intelligente Assistenten für die Medizin
Ein Expertenbeitrag von Klemens Budde (Leiter der AG 6)
Lernende Systeme und Künstliche Intelligenz (KI) gelten als großes Versprechen für Wirtschaft und Arbeitswelt – und zugleich als Bedrohung. Sie können die Beschäftigten befähigen, komplexere Tätigkeiten auszuüben. Oder aber selbst die Arbeit übernehmen – wobei sich dann ganz neue Haftungsfragen bei Fehlern stellen. Unternehmen können mit ihrer Hilfe Produkte und Prozesse verbessern, sehen sich aber einem Mangel an KI-Fachkräften und neuen Konkurrenten gegenüber. Staatliche Akteure profitieren in der Verwaltung von Lernenden Systemen, stehen aber vor neuen Herausforderungen im Datenschutz. Einfache Antworten zum Einsatz von KI in der Arbeitswelt gibt es nicht. Entscheidend ist, ihn verantwortungsbewusst zu gestalten.
Auch im Gesundheitssektor, der immerhin 13 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmacht, werden Lernende Systeme die Arbeit der Beschäftigten stark verändern. Die technologischen Möglichkeiten sind vielversprechend: Methoden der Bildverarbeitung helfen Ärztinnen und Ärzten beim frühzeitigen Erkennen von Hautkrebs, Mustererkennung kann eine fundierte Grundlage für therapeutischen Entscheidungen liefern. Chirurgische Robotik verspricht mehr Präzision im Operationssaal und Hebe-Roboter können Pflegekräfte bei schwerer körperlicher Arbeit unterstützen.
Vier Prinzipien gilt es zu beachten, damit Lernende Systeme im Gesundheitswesen tatsächlich der Gesellschaft und den Patienten dienen:
- Datenschutz und Persönlichkeitsrechte
Lernende Systeme benötigen viele Daten. Bürgerinnen und Bürger aber haben Angst vor dem „gläsernen Patienten“, Beschäftigte vor Überwachung durch den Arbeitgeber. Um diesen Ängsten wirksam zu begegnen, ist ein strikter Datenschutz unabdingbar – mit einem Selbstbestimmungsrecht über die Daten als wesentliches Prinzip. Dies bedeutet aber auch, dass Patienten das Recht haben, ihre Daten z.B. anonymisiert für Forschungszwecke zur Verfügung zu stellen.
- Unterstützen statt ersetzen
Bereits heute kritisieren Patienten und Beschäftigte die teils technokratische Ausrichtung und den Personalmangel im Gesundheitswesen. Ein weiterer Abbau von Arbeitsplätzen durch den Einsatz von Lernenden Systemen kann nicht in unserem Interesse liegen. KI sollte daher nur zur Unterstützung von Beschäftigten und zum Wohle des Patienten eingesetzt werden.
- Fähigkeiten des Menschen erkennen
Für eine erfolgreiche komplementäre Arbeitsteilung müssen wir uns bewusst machen, welche Stärken der Mensch mitbringt und was ihn von der (intelligenten) Maschine unterscheidet. Durch die Entlastung von routinemäßigen und eintönigen Aufgaben haben die Beschäftigten mehr Zeit für den so wichtigen persönlichen Kontakt zu den Patienten. Dieser erfordert Empathie, Kommunikation und Kreativität – unbestreitbar menschliche Stärken.
- Lernende Systeme verstehen
Für ein optimales Zusammenwirken von Mensch und Maschine ist es notwendig, dass die Beschäftigten Lernende Systeme besser verstehen. Dies baut Berührungsängste ab und zahlt sich langfristig aus: Der Blick auf die Automobilindustrie zeigt, dass insbesondere KI-und Robotik-gestützte Arbeitsplätze ein hohes Gehalt und Arbeitsplatzsicherheit bieten. Um die Attraktivität der Jobs im Gesundheitswesen erhöhen zu können, müssen wir die digitalen Kompetenzen der Beschäftigten stärken und aktiv fördern.
Gastbeitrag erschienen auf:
Rubrik: Das sagt die Wissenschaft
Website Wissenschaftsjahr 2018