DMEA 2025: Was bedeutet der AI Act für Medizinprodukte?

Künstliche Intelligenz (KI) trägt bereits heute zu einer besseren Gesundheitsversorgung bei, die Potenziale für Medizinprodukte sind vielversprechend. Mit dem AI Act hat die Europäische Union (EU) 2024 ein Regelwerk verabschiedet, das auch in der Gesundheitsversorgung eine Grundlage für einen rechtssicheren Einsatz von KI schafft und damit den europäischen Binnenmarkt fördert. Zugleich geht mit dem AI Act für die in Deutschland mittelständisch geprägte Medizintechnikbranche zusätzlicher Aufwand einher. Über Herausforderungen und Chancen diskutierten Expertinnen und Experten der Plattform Lernende Systeme vor rund 160 Gästen auf der Messe für digitale Gesundheit DMEA 2025.

Wie wirkt sich der AI Act auf die Entwicklung von Medizinprodukten aus – insbesondere für Start-ups, KMU und Forschungseinrichtungen? Diese Frage stand im Zentrum des Panels der Plattform Lernende Systeme, moderiert von Matthieu-P. Schapranow, Scientific Manager Digital Health Innovations am Hasso-Plattner-Institut. Auf dem Podium brachten Dagmar Krefting, Direktorin des Instituts für Medizinische Informatik an der Universitätsmedizin Göttingen, und Björn Heismann, Vice President für Strategieentwicklung und diagnostische Bildgebung bei Siemens Healthineers und Professor an der FAU Erlangen-Nürnberg, ihre Perspektiven aus Forschung und Unternehmenspraxis ein. Einblicke in die Arbeit der Plattform Lernende Systeme im Bereich Gesundheit, Medizintechnik und Pflege gab Matthieu Schapranow vorab.

AI Act: Hürde oder Hebel für Innovation?

Von Medizinprodukte-Herstellern verlangt der AI Act die Einführung einer Daten-Governance, erweiterte Aufzeichnungspflichten sowie eine grundrechtliche Folgenabschätzung als Grundlage für die Zertifizierung von Medizinprodukten mit KI. Dagmar Krefting legte dar, dass der Medizinsektor regulatorische Anforderungen gewohnt ist. Der AI Act komme hier
„on top“ – zusätzlich zu den Anforderungen der Medical Device Regulation (MDR). Dieser sei aktuell noch der
„größere Brocken“, so die Expertin.

Während große Unternehmen über das nötige Know-how zur Umsetzung verfügten, stellte der AI Act kleinere Unternehmen allerdings vor große Herausforderungen, so Björn Heismann. Gerade für Start-ups könne die zusätzliche Regulierung ein Hemmnis sein. Entscheidend sei es daher, Unterstützungsstrukturen zu schaffen, um über diese auf Expertise zugreifen zu können.

Gesundheitsdaten: Verfügbarkeit besser, aber noch langsam

Dagmar Krefting betonte die Potenziale von KI für die Medizintechnik. Sie ermögliche es mithilfe von synthetisierten und generierten Daten, Modelle zu trainieren; durch technologische Weiterentwicklung ließen sich auch mit geringeren Datenmengen gute Modelle entwickeln. Die Verfügbarkeit von Gesundheitsdaten für die Forschung habe sich in den letzten Jahren spürbar verbessert – etwa durch das Forschungsdatenportal Gesundheit oder das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG). Auch europäische Verordnungen wie die European Health Data Space Regulation (EHDS) versprächen Fortschritte. Der Zugang zu realen Versorgungsdaten sei in der Praxis aber weiterhin komplex und langsam, so Krefting. Für erfolgreiche Produktentwicklungen brauche es mehr verfügbare Daten und ein frühzeitiges Mitdenken des Transfers – eine Entwicklung, die an Hochschulen jedoch immer stärker verankert werde.

Für die Expertinnen und Experten ist klar: Der AI Act ist eine zusätzliche, aber nicht überraschende regulatorische Herausforderung im Medizinbereich. Um das Potenzial von KI-gestützten Produkten in Europa zu heben, brauche es gute Daten, starke Transferstrukturen und Reallabore. Entscheidend sei, kleine wie große Unternehmen gleichermaßen mitzunehmen – damit Europa innovationsstark und wettbewerbsfähig bleibt.

Weitere Informationen:

Petra Brücklmeier / Birgit Obermeier
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Lernende Systeme – Die Plattform für Künstliche Intelligenz
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